Nachruf Diakon Bernhard Kullmann
Der damalige Bundespräsident Roman Herzog bestimmte 1995 anlässlich des 50. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz den 27. Januar zum offiziellen Holocaustgedenktag der Bundesrepublik Deutschland. Einer, der sofort erkannte, welche Bedeutung dieser Gedenktag haben kann, war Bernhard Kullmann, Mitglied unseres Vereins, der zu jener Zeit bereits das Gedenken der Pogromopfer von 1938 mitgestaltete.
Der studierte Elektrotechniker, Lehrer und stellvertretende Schulleiter der beruflichen Ludwig-Geißler-Schule in Hanau war nebenamtlich katholischer Diakon in seinem Heimatstadtteil Aschaffenburg-Damm und Präses der Pax-Christi-Gruppe in Aschaffenburg. Diese bot nun als erste auch eine Gedenkfeier am 27.1. in Form eines ökumenischen Gottesdienstes an.
Bernhard Kullmann maß die Tiefe dieses Gedenkens aus und stellte sie alljährlich in diesem besonderen Gottesdienst vor: „Auschwitz“ als Synonym für unendliches Leid und Schuld. Beide verbinden Menschen: es gibt eine Verantwortungs- und Solidargemeinschaft tief in der Geschichte und tief in der Gegenwart. Dieses tiefe Leid hält immer einen unsagbaren Rest offen.
Kullmann war überzeugt, dass es nie ganz zu erklären ist, dass es deswegen immer ausgehalten werden muss, dass mit ihm und gegen es gelebt werden muss, und zwar durch grundsätzliche menschliche Verbundenheit. Diese bedeutete für ihn das Aufscheinen Jesu Christi mitten im Leben. So bleibt er allen, die ihn kannten, als freundlicher Begleiter in Erinnerung, der mit entwaffnender Offenheit lebte, was er verkündete: gewaltloses Leben gegen das Leid.
Der 66-jährige Bernhard Kullmann verstarb am 08.09.2020 viel zu früh. Seiner Frau, den Kindern und Enkeln gilt unsere Anteilnahme. Als erster in Aschaffenburg erkannte er die Würde und Chance des Schoagedenktages. Er zeigte sie uns. Dafür sind wir ihm zu bleibendem Dank und ehrendem Andenken verpflichtet.